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zur Ausstellung:

zum überlangen Titel immerhin so viel: Tilo Riedel ist auf so allerlei Bühnen unterwegs. Dazu gehört schließlich auch Sprache und in eben dieser Domäne hat er es sogar zu einem Preis für politische Lyrik gebracht. Das hört sich so an:

          begossen sein
          der pudel wohl
          so wohl sich pudelt
          als er begossen
          noch sich schüttelt
          um den schmodder loszuwerden
          er schmoddert
          und er schüttelt sich
          den ganzen schmodder ins Gesicht
          (den anderen Leuten auch gleich)
          find dich doch ab begossen sein
          denn besser machen
          tust du's nicht
          reine machen kennst du kein
          du pudelwuzz du sauenschwein

und sieht so aus:

Nun hat man nichts gehört und nur gelesen (und gesehen). Aber immerhin sollte es für ein erstes Verstehen reichen, was Tilo mit Sprache macht, und dass der überlange Titel gute Gründe hat.  

Es hat aber noch andere Bühnen. Beim Trio, das wir im Juni letzten Jahres zu den "Seestücken" eingeladen hatten (Hendrik Kraven und Pablo d'Antoni waren auch dabei), gab es von Tilo das ausgreifend, über gute 2 Meter gebastelte Pappmodell eines großen Dampfers. Ein Traumschiff und auch "Das Traumschiff". Es stand im Fenster auf einem Lattenrost und vom Galerieraum abgetrennt durch eine plüschig-tiefrote VIP-Kordel, die, wie es sich gehört, zwischen goldenen Pfosten bis fast auf den Boden durchhing. Ein regelrecht aufgebühntes Traumschiff und “Topmodell” für den mittlerweile sehr erschwinglichen Kreuzfahrtausflug (hier der link zur Lidl-Buchung) auf einem Mittelmeer, das man als Schauplatz ganz anderer Seefahrtnot aus den Nachrichten kennt. 

Tilo hat eine lange Geschichte mit Bühnen. In den 90er Jahren hat er gemeinsam mit seiner Schwester, Jutta Riedel, mit Theaterproduktionen ein gutes Stück Karriere gemacht und dabei (auch) die Bühnenbilder besorgt. Mit dem Theater ist man zugleich wieder bei der Sprache und der Eingangsthese, dass Tilos Lyrik Sprache als Bühne bespielt. Mit Sätzen, die ihr Ende nicht finden und oft dort, wo die Sprache mit dem Bild im Alltag auftritt: Plakate, Zeitungen, Papiertüten und was sonst der öffentliche Raum an Gedrucktem bietet. Sprache und Bild werden zu oftmals sarkastisch inszenierten Laienschauspielern seiner Aufführungen und Bildfindungen. Und allenthalben schimpft Tilo. Davon war schon im Text zur Einzelausstellung im Jahr 2012 bei Vincenz Sala in Paris die Rede (siehe past shows). Seine schimpfenden Gesänge durchmustern Alltagswelt, -kultur und -unkultur und natürlich das Fernsehen. Überteuert würde man von Alltagsmythen sprechen. Allerdings ein Alltag auf Serienniveau, und auch fürs schimpfende Nicht-zum-Ende-kommen bietet Leben in der preiswerten Verdichtung durch Traumschiff und GZSZ reichlich Material.  

Wir freuen uns sehr, dass Tilo nach den Seestücken vor 2 Jahren für eine Einzelausstellung noch einmal nach Berlin kommt. Und wieder wird es eine Bühne. Diesmal eine Rampe. Aus Europaletten. Mit einer leichten Neigung, so dass das aufgestellte Bildpersonal zu rutschen droht. Es schwindelt ein bisschen, auch wenn man die Rampe nicht betritt. Wir sind in der skulptural-installativen Abteilung und auch hier bewegt sich Tilos Arbeit metonymisch über die Rampe, die Bühne, und wieder kreuzfahrend durch den allgegenwärtigen Sprach- und Bildraum. Sie verhält sich zum Alltäglichen der Worte, Bilder, Räume und Körper immersiv bis zum kritischen Umschlagen in seine ganz eigene, alles einverleibende Ikonographie.

Seit der 6023. Episode wird GZSZ auch in Frankreich ausgestrahlt und heißt dort: "Au Rythme de la Vie" - Im Rhytmus des Lebens. Den kommentiert Tilos Arbeit mit manchmal bösem Witz. Auch dann, wenn er mit dem Flyer zur Ausstellung (siehe oben) in die Rue Notre-Dame de Nazareth, Vincenz Salas Pariser Adresse, zurückkehrt. L'Espace detente, der Entspannungsraum, ist einige Häuser weiter eingezogen - und den muss man mit dem Feudel aufpolieren. Nach den Wellnesssiegern, wie sie bei Tilo andernorts heißen, schließen wir mit Tilos Papiertüte: Es gibt ... Dinge ... (siehe unten). 

So geht politische Lyrik und so schafft man Bilder, die mit witziger Prägnanz, Feinsinn und einiger Wucht Leben im Spätkapitalismus kommentieren. Join us on the ramp! am 27. November ab 17Uhr.


on the show:

To the overlong title, at least this much: Tilo Riedel is on all kinds of stages, including language. It is in this very domain that he has even won a prize for political poetry. (We’d love to provide you with an example but would certainly not want to try a translation of his lyrical work into English; see above for a German original). On his last solo show in 2012 at Vincenz Sala Paris we said: Tilo is railing (see our past shows). That didn’t change. And there is, of course, no end to railing (the show’s title is a case in point). However, with all these railing chants Tilo is still perfectly soft-spoken. His railing is more like a prayer and evidence of an endless ironic, by times sarcastic way of reading, and relating to, everyday world. And language, often combined with everyday images, is the stage.

But there are other stages and a long history with stages. In the 1990s, Tilo enjoyed quite a carreer in theatre together with his sister, Jutta Riedel. They produced and co-directed their pieces and the sets and costumes were amongst Tilo’s contributions. Most likely key to his conversion from minimalist painter to a “stage worker” constantly checking for the objects, furniture, images and - it’s theatre - the language we’re living with.   

We are very pleased that after Paris Tilo is now coming to Berlin for another solo show. It’ll be a stage again. This time a ramp, made of Euro pallets. With a slight incline. So it is sloping and in such a way that the “image-personel” on the ramp is in danger of slipping. The ramp is occupying most of the gallery space hence it does engage the viewer, who feels a bit just from looking at it.

Tilo's work (incl. in the section sculpture/installation) moves metonymically across the ramp, the stage, the linguistic and pictorial space into the seemingly offside. A movement that never reaches a firm end. A work that in its motion draws in everyday words, images, bodies and spaces, and in doing so finds its very own all-absorbing iconography. Eventually, that's how Tilo’s political poetry, his never-ending railing works, and how he creates images of persistingly irritating conciseness. Join us on the ramp!


Galerie Vincenz Sala
Sigmaringer Str. 23
10713 Berlin

Hermann-Josef Oechtering
Tel.: +49 179 91 77 394
e-mail: mail@vsala.com